Um dieses System überhaupt einmal zu verstehen, haben wir so ungefähr vier Wochen gebraucht. Letztendlich ist das System aber eigentlich ganz einfach, wenn keine Inder Erklärungsversuche starten und dich von A nach B schicken für irgendwelche bestimmten Kurse, die an diesem Ort irgendwie doch nicht stattfinden. Das ist eine typisch indische Verfahrensweise. Das Chaos herrscht überall, jeder erzählt etwas anderes, es gibt keine nachvollziehbare Logik hinter all dem. Traurig, aber war, denn so langsam gewöhnt man sich daran, denn sonst würde man hier schnell durchdrehen.
Die Uni für Mädchen nach einem Prinzip von Ghandi ist zwei Stunden südlich von Jaipur entfernt. Sie ist so klein, dass sie auf keiner Karte zu finden ist. Wer jedoch Interesse hat zu sehen wo ich genau bin kann auf die Seite www.banasthali.org gehen.
Es gibt eine Hauptstraße, die durch den kompletten Campus geradeaus verläuft. Rechts und links befinden sich die Häuser der Studentinnen oder die Gebäude, in denen die Unterrichtsstunden stattfinden. (außer es regnet, denn an Regentagen finden für gewöhnlich keine Stunden statt)
Es gibt zwei Märkte, an denen sich die Studenten mit Süßem, Hygieneartikeln, Heften, Stiften und alltäglichen Sachen versorgen können. Hier halten sich auch die meisten Studentinnen am Abend auf und trinken „flavoured milk“, Chai Tee oder essen eine Kleinigkeit zu Abend. Die Aufenthalte am Abend auf dem Markt können bei Stromausfall, welcher manchmal bis zu 15 mal am Tag stattfindet, sehr unangenehm sein, da man die Hand vor Augen nicht mehr sehen kann und so lange warten muss, bis es wieder Strom gibt. Sonst hat der Campus eine Post, eine Apotheke, ein Krankenhaus, ein Buch- und Kopierladen, also eigentlich alles was man so braucht.
Den Campus kann man sich am besten vorstellen, wie eine eigene kleine Welt in Indien mit Mauern umzäunt. Manche Studentinnen beschreiben diese Uni als eine Art Gefängnis, da sie hier fast nie herauskommen. Wenn die Studentinnen am Dienstag ( der einzig freie Tag in der Woche; es gibt keinen freien Samstag und Sonntag) aus der Uni raus wollen, müssen die Eltern in schriftlicher Form einverstanden sein und die Studenten müssen daraufhin einen Zettel ( „leave application“) von einer Dame namens „Giggi“ unterschreiben lassen. Anschließend bekommen sie sogenannte „gate slips“, welche sie am Tor der Uni abgeben müssen. Dieses Prozedere machen nicht viele Eltern mit und außerdem sind viele Eltern der Meinung, dass ihre Tochter den freien Dienstag zum Lernen nutzen soll und daher kommen viele Studentinnen hier überhaupt nicht raus. Diese strengen Maßnahmen der Bewachung der Studenten macht die Uni für Mädchen sehr sicher und zudem zählt diese Uni als eine der besten Unis in Indien.
Für uns Deutsche ist das manchmal etwas schwer nachzuvollziehen, weil wir in Deutschland hingehen können, wo wir wollen. Aber in Indien ist es tatsächlich nicht
ungefährlich für Mädchen allein in großen Städten zu studieren. Da die Uni die Verantwortung auch für uns hat, müssen wir auch bei jedem Schritt außerhalb der Uni uns eine Unterschrift holen und genau sagen wohin wir gehen, wie wir hinkommen und wie lange wir bleiben. Ziemlich übertrieben alles, aber so langsam wissen wir was und wie wir etwas sagen müssen, um einfach aus der Uni raus zu kommen, ohne dass sich jemand Sorgen macht
Die Uni hat wie in Deutschland auch verschiedene Angebote zu verschiedenen Studienrichtungen und dafür gibt es verschiedene Departments/Fakultäten (Englisch, Hindi, Geographie, Sport, Erziehungswissenschaft, Musik, Technik, Politik…) und die Studentinnen studieren meist in einer Fakultät und haben jeden Tag von um 10 Uhr bis maximal 16 Uhr Unterricht. Wir vier sollten eigentlich in der Fakultät für Erziehungswissenschaft studieren. Da dort alle Kurse auf Hindi unterrichtet werden und wir nix verstanden haben, mussten wir uns andere Fakultäten suchen, in denen englisch gesprochen wird. Das beste an der Fakultät für Erziehungswissenschaft war, dass die Lehrer sich geweigert haben ihre Klasse auf englisch zu unterrichten. Entweder sie konnten selbst schlecht englisch, oder sie haben es auf die Studenten geschoben und meinten, dass die Studenten nichts verstehen würden. Wir haben Studenten gefragt und sie hätten damit kein Problem gehabt. Also waren die Lehrer einfach nicht in der Laune englisch zu unterrichten. Das ist doch echt der Hammer!
Ich besuche nun eine Englischvorlesung bei Mr. Paul (ein sehr verrückter und chaotischer Lehrer, ich muss unbedingt ein Bild von ihm machen), eine Sportvorlesung bei Usha Mam (Management of Physical Education), eine Psychovorlesung und wir bekommen noch Hindiunterricht zweimal die Woche.
Außerdem unterrichten wir Deutschgrammatik für Anfänger und jeder von uns hat einen Konversationskurs, indem nur das reden geübt wird und Themen diskutiert werden. Der Deutschunterricht findet zu einer sehr unchristlichen Zeit drei Mal die Woche um sieben bis acht oder neun statt. Meinen Tagesablauf werde ich euch noch extra schreiben. Soviel nun zu Uni, wer noch irgendetwas genauer wissen will kann mich gerne per Email anschreiben, oder einfach einen Kommentar hinterlassen.
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